Ethik im Internet

Die Ethik und das Netz: Gratismentalität, Shareconomy, Viralhumor und der Zynismus

Das Mediensterben, Dumpingpreise im Bereich Texterstellung und Design und das fortwährende Abstumpfen, besonders der digitalen Generation hängt zusammen mit der ungezügelten Mashup-Crowd- und Vernetzungskultur des Internet 2.0. Nie mussten wir als Individuen mit so viel Auswahl und Freiheit klarkommen, nie mussten daher auch Marketer so geschickt ihre Botschaften platzieren. Das Resultat: Die Kreativen, die Schnellen fressen die Langsamen, nicht mehr unbedingt die Großen die Kleinen. Dabei geht das klassische Empfinden von Ethik flöten und wird ersetzt durch eine Art Schwarm-Pathos, den niemand wirklich ernst nimmt.

In unserer heutigen Welt sind ziemlich viele neuen Erscheinungen zu beobachten, die dank des Internets entstanden sind. Wir haben in diesem Artikel einige davon aufgelistet:

Gratismentalität

Zurzeit ist es ein allgemeiner Fakt, dass die Mehrheit der Bilder, Videos, Filme und textbasierten Informationen im Netz gratis erreichbar ist. Die allgemeine Meinung, dass wenn man im Internet erfolgreich sein will, man jede Menge Inhalte, wichtige wie auch humorvolle Informationen auf jeden Fall gratis anbietet, zerstört die Verhandlungsmacht auf Anbieterseite. Theoretisch soll durch „Gratisfütterung“ (Nurture Marketing) das Vertrauen und Neugier im Leser aufgebaut werden, der vielleicht in Zukunft das von der Seite angebotene Produkt kauft (Premium Content Monetarisierungsmodelle).

Das Problem ist nur: Soweit kommt es nicht. Durch die Inflation an Webangeboten und freiem Content entsteht nur noch selten ein wirkliches Bedürfnis nach bezahlten Inhalten. Piracy tut ihr Übriges, dass es immer schwerer wird, tatsächlich ein nachhaltiges Monetarisierungsmodell zu finden.

Shareconomy

Ökonomisch sinnvoll aber korrosiv für alte Geschäftsmodelle: Ressourcen miteinander teilen, um dadurch Geld zu sparen und dass auch noch auf persönlicherer Ebene, die den Leuten schon allein deswegen einen Mehrwert bietet. Heutzutage existieren zahlreiche Smartphone-Apps und Webseiten, die alternative und günstigere Möglichkeiten anbieten, falls wir nach einer Unterkunft, einer Überfahrt oder günstigeren Essmöglichkeiten suchen. Das Modell heißt „Shareconomy“ und identifiziert sich – auf Papier zumindest – vor allem mit der Idee einer nachhaltigeren Gesellschaft.

Uber und AirBnB gehören zu den derzeit medienpräsentesten Beispielen. Das erste ist ein Taxidienst, wo Privatpersonen mit ihren Privatfahrzeugen die Passagiere zu ihrem Ziel fahren. Alles funktioniert über eine SmartPhone-Applikation, mit der man einfach das nahste Auto finden und rufen kann. Die Dienstleistung existiert schon in vielen Ländern und ruft aber vermehrt Zweifel hervor. Bei Uber werden nämlich die Autofahrer nicht versichert und die Firma ist auch nicht als Taxiunternehmen registriert, um einige extra Steuern zu vermeiden.

Über AirBnb hingegen werden im Grunde genommen Privatunterkünfte angeboten. Ein Beispiel dafür: man bucht per Internet ganz stressfrei und bekommt ein kleines Zimmer, manchmal sogar mit Frühstück in dem Haus einer spanischen Familie direkt am Strand. Natürlich ist der Preis viel günstiger als in einem Hotel. In diesem Fall ist man gegen Diebstahl oder Brandfall natürlich nicht versichert und die hygienischen Vorschriften werden sehr oft auch nicht eingehalten. Trotzdem werden solche Dienstleistungen immer populärer und immer öfter benutzt. Die Frage ist, ob es der Wirtschaft gut tut.

Pseudo Moral: Der Schwarm-Pathos erklärt anhand von Viral Videos

Ein Viral Video ist ein Webvideo, das durch virales Marketing über das Internet weit verbreitet wird. Wahrscheinlich kennen wir alle einige Videos von absurden Begebenheiten bei Autofahrten in Russland (Google: Dashboard-Cam Russia) oder die besten Videos mit süßen Kätzchen oder Hunden. Diese Viral Videos wurden schon von Millionen angeschaut. Es gibt aber welche, die ebenso populär sind, obwohl sie gar nicht süß oder lustig sind. Als Beispiel können wir das Viral Video „Leave Britney alone“ nehmen.

In dem Video ist ein junger Emo zu sehen, der im Bett weinend darum bettelt, dass die Leute aufhören sollen Britney Spears zu kritisieren. Das ganze Video scheint ziemlich unrealistisch und von schlechter Qualität zu sein und wird wahrscheinlich von den meisten auch nicht ernst genommen. Trotzdem hat es bereits über 48,5 Millionen Aufrufe auf Youtube und natürlich sehr viele –unter anderem- brutalen Kommentare. Diese Erscheinung nennen wir den „Schwarm-Pathos“, was für das neue Verständnis „moralischen“ Schwarmverhaltens steht. Von solchen Videos gibt es bereits übrigens zahlreiche im Internet.

Der Schwarm hat also durchaus ein moralisches Begreifen, aber ein verlächerlichtes. Auf der einen Seite die Romantischen, auf der anderen Seite die Zyniker, wobei die Seiten abhängig von Themen gewählt werden. Stereotypische Beispiele: Feministen sind zynisch gegenüber Ungerechtigkeiten gegenüber Männern und Veganer zynisch wenn es um Krieg zwischen Menschen geht, während sie wiederum hypersensibel, undifferenziert und vorhersagbar bei „ihren“ Themen ihre Meinung in die Waagschale werfen.

Viralhumor und Zynismus

Wer in der Welt des Internets zu Hause ist, kennt bestimmt 9gag, theCHIVE oder sonstige Sites von Internethumor. Es gibt Millionen um die ganze Welt, die jeden Tag auf diesen Seiten unterwegs sind. Süße Tierfotos und gute, ernste Zitaten sind auch auf diesen Seiten zu finden, aber auch sind Abgründe des Zynismus im Internethumor gut erkennbar. Hässliche Leute, die in Alltagssituationen etwas Lustiges aussprechen, Tiere, die über menschliche Probleme „sprechen“ oder Bilder, die eine lustige Situation beschreiben, die jeder von uns erleben kann. Wenn man sich von diesen Fotos angesprochen fühlt, sharet man sie gerne über soziale Netzwerken. Auf diese Weise kriegen die Humorsites mehr Traffic.

Das Portrait unserer digitalen Generation

Etwas auf Facebook posten und viele „Likes“ bekommen? Viele von unserer digitalen Generation halten es für DIE soziale Währung und wollen immer mehr davon. Laut Statistiken sind schon 27,38 Millionen Menschen in Deutschland auf Facebook unterwegs. Vor 4 Jahren, im Januar 2010 lag diese Zahl nur bei 5,75 Millionen. Wir werden also langsam echte digitale Roboter, die aber im Internet sehr „sozial“ sind. Was bezahlen wir aber dafür abgesehen von unserer Zeit? Wir bezahlen zum Beispiel mit unseren privaten Daten, die diesen Großunternehmen, wie zum Beispiel Facebook oder Google bekannt sind. So werden wir langsam im Auge dieser Unternehmen nur transparente, elektronische Individuen. Unsere Daten werden zu Werbungs- und sonstigen Ziele verwendet und bringen unmittelbar Profit bei den „Kraken“ rein. Trotzdem konsumieren wir mehr und mehr von diesem System und sind aber böse, wenn wir gezielte Werbungen per E-Mail oder sogar per Telefon kriegen. Vor kurzem wurde eine Facebook Applikation präsentiert, die genau identifizieren kann, auf welchem Gerät wir gerade online sind und wie viele davon uns gehören. Vielleicht macht diese Neuigkeit jetzt keinen Unterschied aber zeigt genau die Richtung, in die das System sich bewegt. Wir werden in einem Moment alle durch Internet kontrolliert und beobachtet. Sei es aus Werbegründen oder sonstigen Gründen. Die große Frage der Zukunft ist, ob die digitale Generation es bald merkt und etwas dagegen tut. Persönlich habe ich immer mehr Freunde, die sich von Facebook löschen oder kein Smartphone mehr benutzen. Das scheint aber keine Massenaktion zu sein und diese Leute können sich ganz oft außerhalb der Gesellschaft fühlen. Außerhalb einer Gesellschaft, die zum größten Teil nur virtuell existiert. Ist es nicht traurig?

Quellen u.a.:

http://de.statista.com/statistik/daten/studie/70189/umfrage/nutzer-von-facebook-in-deutschland-seit-2009/

 

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